Offene Immobilienfonds: Eine langfristig sichere Anlage?

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Mit offenen Immobilienfonds können Anleger:innen in Immobilien investieren. Damit sind durchaus erhebliche Risiken verbunden. Was offene Immobilienfonds sind und wieso wir von ihnen abraten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Fensterfront eines roten Gebäudes

Das Wichtigste in Kürze:

  • Immobilienfonds sind keine sichere Geldanlage, wie jüngst einige Abwertungen gezeigt haben.
  • Sie können höhere Renditechancen bieten als sichere Anlagen, unter anderem auch weil Erträge größtenteils steuerfrei sind.
  • Im Rahmen einer breit gestreuten Anlagestrategie mit Zinspapieren und ETFs können Sie auf Immobilienfonds verzichten.
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Nicht jeder Anleger kann oder will ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung erwerben. Wer aber dennoch in Immobilien investieren will, für den können offene Immobilienfonds eine Anlagemöglichkeit sein. Allerdings bergen sie auch weit größere Risiken, als die Fondsgesellschaften und ihre Vertriebsexperten es oft darstellen. Deshalb sollten Sie sich vorab gut informieren. Grundlegende Informationen zu dieser Produktart haben wir hier für Sie zusammengetragen. 

Informationen zur Abwertung des ZBI Wohnen im Juli 2024 finden Sie hier:

Was sind offene Immobilienfonds?

Bei offenen Immobilienfonds legen viele Anleger:innen kleinere oder größere Beträge an. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft kauft von diesem Geld verschiedene Immobilien, oft in verschiedenen Regionen und Ländern. Bei den meisten Fonds handelt es sich dabei um Gewerbeimmobilien, also etwa Bürogebäude und Shoppingcenter.

Immobilienfonds zählen allgemein zu den Sachwertanlagen. In einzelnen Immobilienfonds sind meist nur ein paar Dutzend Immobilien enthalten, und anders als bei Aktienfonds hält jeder Fonds andere Immobilien im Bestand. Mögliche Erträge der Immobilienfonds setzen sich aus den Mieteinnahmen und Wertsteigerungen der Immobilien zusammen.

Die Fonds ermöglichen eine Investition in Gebäude, ohne selbst Eigentum daran erwerben zu müssen. Dadurch, dass Anleger hier schon mit kleinen Beträgen investieren können, und sie mittels offener Immobilienfonds das Geld in viele Immobilien investieren, können Anleger das "Klumpenrisiko" einer Einzelimmobilie vermeiden.

Banken, Sparkassen und Fondsgesellschaften bewerben offene Immobilienfonds als "attraktive und stabile Langfristanlage", die "gut geeignet" sei für Anlegerinnen und Anleger mit "geringer Risikobereitschaft". Tatsächlich verkaufen Banken, Sparkassen und Fondsgesellschaften sie aber vor allem wegen der Provisionen, die in Form von Ausgabeaufschlag und Vertriebsfolgeprovision anfallen. Die Risiken, die mit ihrem Erwerb verbunden sind, stehen im Kleingedruckten.

Verwechslungsgefahr mit geschlossenen Fonds!

Offene Immobilienfonds können mit geschlossenen Immobilienfonds verwechselt werden. Es gibt aber große Unterschiede. Bei geschlossenen Immobilienfonds geht es in der Regel um die Investition in ein konkretes Projekt, etwa den Erwerb und Betrieb einer einzelnen Gewerbeimmobilie. Hierzu wird das erforderliche Geld bei Anlegern eingesammelt und auf viele Jahre hin fest angelegt.

Ist der erforderliche Betrag beisammen, werden keine weiteren Gelder mehr eingesammelt. Der Fonds wird also "geschlossen". Da es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, droht im schlimmsten Fall ein Totalverlust des angelegten Geldes. Ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Projekt ist oft nicht oder nur mit hohen Abschlägen möglich.

Welche Chancen bestehen bei Immobilienfonds?

Werden Immobilien vermietet, können Sie durchaus höhere Erträge erzielen als mit sicheren Zinspapieren. Vorausgesetzt, die Objekte können zuverlässig vermietet werden. Bei guter Nachfrage lassen sich außerdem Mietpreiserhöhungen durchsetzen, wodurch die Ertragsausschüttungen steigen und so Kaufkraftverluste durch hohe Inflation ausgeglichen werden können. Außerdem besteht die Chance auf Wertsteigerungsgewinne, wenn Sie Objekte veräußern.

Welche Risiken bestehen bei Immobilienfonds?

Immobilienfonds bergen, wie andere Geldanlagen auch, erhebliche Risiken. Niemand kann garantieren, dass Immobilienfonds Gewinne erzielen:

  • Mietererträge können ausfallen.
  • Auch noch so hohe Inflationsraten sind keine Garantie dafür, dass die Preise und Mieten der Immobilien des jeweiligen Fonds steigen werden.
  • Leerstände reduzieren die Erträge.
  • Auch steigende Zinsen können zum Problem werden, da Immobilien auch mit Krediten finanziert werden.
  • Wie sich Preise und Mieten entwickeln, hängt davon ab, wie sich Angebot und Nachfrage an den jeweiligen Standorten entwickeln.

Darüber hinaus bergen Immobilienfonds besondere Risiken:

  • Problem der Wertschätzung: Die veröffentlichten Anteilspreise täuschen über das tatsächliche Risiko hinweg. Denn der Anteilspreis basiert auf Bewertungen der Immobilien durch Gutachter. Gutachter können sich irren
    In der Finanzkrise ab 2008 hat dies bei einigen Immobilienfonds zu großen Verlusten geführt. Das Problem der Wertschätzung ist bis heute ungelöst. Es lässt sich auch kaum durch Regulierung vollständig lösen, da man den wahren Wert einer Immobilie immer erst kennt, wenn ein Käufer diesen bezahlt.
  • Anteilsrückgaben: Eine Welle an Anteilsrückgaben kann massive negative Folgen haben. Angenommen über Nacht möchte die Hälfte der Anleger ihre Fondsanteile verkaufen. Auslöser dafür kann eine Verkaufsempfehlung in einer mehr oder weniger seriösen Informationsquelle sein. Die Fondsgesellschaft muss dann so rasch wie möglich die Hälfte der Immobilien verkaufen. Und je rascher man verkaufen muss, desto geringer wird der Verkaufspreis sein. 
    Der Gesetzgeber hat wegen dieses Risikos unter anderem festgelegt, dass Anleger nicht von heute auf morgen ihre Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgeben dürfen. Die Anleger müssen diese nach Kauf mindestens 24 Monate halten und eine Kündigungsfrist von mindestens zwölf Monaten einhalten. Wer den Fonds kündigt, erhält nicht den Anteilswert zum Kündigungszeitpunkt, sondern den zum Abrechnungszeitpunkt. Der kann auch geringer sein als zum Zeitpunkt der Kündigung.
  • Aussetzen von Rücknahmen: Fondsgesellschaften können die Rücknahme aussetzen. Dann kann niemand mehr Anteile zurückgeben, zum Beispiel, wenn nicht genügend Bankguthaben vorhanden ist. Dies war zuletzt beispielsweise beim Wohnen ZBI der Fall.
  • Täuschende Sicherheit: Die kaum schwankenden Preise von Immobilienfonds können darüber hinwegtäuschen, wie riskant diese Anlagen in Wahrheit sind. Immerhin sind in den letzten drei Jahren die Preise für Wohnimmobilien um rund 20 Prozent und für Gewerbeimmobilien ebenfalls erheblich gefallen. Damit sind die Preissteigerungen der letzten Jahre in diesem Bereich neutralisiert worden.

Dies sind nur einige Risiken, die Sie als Anleger von Immobilienfonds tragen. Wenn Sie in Immobilienfonds anlegen wollen, können Sie einige der Risiken reduzieren, indem Sie den Anlagebetrag stets auf mehrere offene Immobilienfonds verteilen.

Für welche Anleger sind offene Immobilienfonds geeignet? Worauf sollten Sie achten?

Für eine breite Risikostreuung ist eine Anlage in Zinspapiere und Aktien ausreichend, Sie können also auf Immobilienfonds verzichten. Wie Sie klug und breit gestreut am Aktienmarkt investieren können, lesen Sie hier: 

Wer Geld in Immobilienfonds anlegen möchte, sollte sich bewusst machen, dass dies eine längerfristige Geldanlage ist. Bei breiter Risikostreuung sind die damit verbundenen Risiken sicherlich geringer als bei einer breit gestreuten Anlage am Aktienmarkt, etwa mit ETFs, allerdings auch höher als bei einer Geldanlage in sicheren Zinspapieren. Entsprechend können Sie auch eine Rendite erwarten, die im Mittel etwas über den aktuellen Zinsen liegt. Es wird aber auch Jahre geben, in denen die Rendite niedriger ist, wie derzeit zu beobachten - und solche, in denen sie höher ausfällt, wie zuletzt in der Phase der Null- und Negativzinsen.

Den Kauf eines einzelnen Immobilienfonds empfehlen die Verbraucherzentralen generell nicht, weil ein einzelner Fonds noch keine breite Risikostreuung bietet. Sie sollten den Anlagebetrag daher immer auf mehrere verschiedene Immobilienfonds verteilen.

Wenn Sie Währungsrisiken reduzieren oder vermeiden möchten, wählen Sie nur solche Immobilienfonds aus, die ihren Anlageschwerpunkt in Europa oder im Euro-Raum haben. Ein internationales Immobilienportfolio bietet zwar eine viel breitere Risikostreuung, ist aber mit Währungsrisiken verbunden.

Ein weiteres Auswahlkriterium ist das Fondsvolumen. Je größer es ist, desto mehr Objekte sind potenziell im Fonds enthalten. Große Fonds haben ein Volumen von einigen Milliarden Euro. Liegt es unter 500 Millionen Euro, besteht immer das Risiko, dass die Fondsgesellschaft den Fonds schließt.

Schließlich ist die Höhe der laufenden Kosten auch entscheidend, da sie immer die Rendite schmälern. Außerdem wird für den Kauf oft ein Ausgabeaufschlag von rund 5 Prozent fällig. Diesen können Sie verhandeln – oder ganz vermeiden, indem Sie den Fonds beispielsweise über die Börse kaufen. Dabei sollten Sie sich über die aktuellen Kurse informieren und sie mit den Werten abgleichen, die die Fondsgesellschaft offiziell festgestellt hat. Mitunter werden Fonds mit Kursaufschlägen oder -abschlägen an der Börse gehandelt. Ausgabeaufschläge lassen sich aber auch per Kauf über Direktbanken, Online-Broker und Online-Fondsplattformen reduzieren oder ganz vermeiden.

Rückgabe von Fondsanteilen: Das müssen Sie beachten

Prinzipiell ist so wie bei allen anderen Investmentfonds eine Rückgabe von Fondsanteilen an die Kapitalverwaltungsgesellschaft möglich. Allerdings gibt es bei offenen Immobilienfonds einige Besonderheiten, die es bei ETFs, Aktien- oder Rentenfonds so nicht gibt. Diese Besonderheiten liegen in der Natur der Anlageform "Immobilie": Anders als börsennotierte Wertpapiere werden diese nicht tagtäglich gehandelt. Eine Immobilie kauft und verkauft man nicht wie eine Aktie, man ist hier tendenziell viel länger an die Anlage gebunden.

Die Fristen sind im Verkaufsprospekt genannt. Sie sollten ihn daher vor dem Kauf unbedingt lesen.

Grundsätzlich müssen Sie drei Fristen beachten:

  • Mindesthaltefrist: Der Anleger muss seine Fondsanteile ab Kauf eine bestimmte Zeit besitzen, bevor er sie wieder an den Fonds zurückgeben darf. Im Regelfall sind das 24 Monate.
  • Rückgabefrist: Der Anleger muss eine bestimmte Zeit vor der Rückgabe unwiderruflich ankündigen, dass er die Anteile zurückgeben will. Im Regelfall sind das 12 Monate.
  • Rücknahmetermine: Für die Rücknahme von Fondsanteilen kann die Gesellschaft bestimmte Termine im Jahr festlegen. Viele Fonds ermöglichen eine börsentägliche Rückgabe; in den Vertragsbedingungen kann die Rückgabe aber auf lediglich einen Termin im Jahr beschränkt werden.

Diese Fristen können Sie nur umgehen, wenn Sie die Fondsanteile über die Börse handeln. Die meisten Fonds werden auch an den Börsen gehandelt. Dann ist ein Verkauf jederzeit möglich, allerdings bekommen Sie dann nicht den von der Fondsgesellschaft festgestellten Anteilswert, sondern den tagesaktuellen Börsenkurs. Dieser kann bei hoher Nachfrage größer sein als der offizielle Anteilspreis. Er kann aber auch darunter liegen. Informieren Sie sich daher, bevor Sie Immobilienfondsanteile über die Börse verkaufen.

Wenn Sie Anteile an offenen Immobilienfonds schon länger als seit Juli 2013 halten, gilt für Sie die Rückgabefrist nur für eine Entnahme von über 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr. Beträge darunter können Sie ohne Rückgabefrist entnehmen. Die Mindesthaltfrist ist für Sie ja ohnehin längst abgelaufen.

Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Baden-Württemberg, Berlin und Sachsen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.

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